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Dachraum - Bauabgabe, Kanalisationsbeitrag und Wasserleitungsbeitrag?

Sehr geehrter Herr Dr. Mayer!

Es ist zwar eine triviale Frage, aber wir sind uns nicht sicher, ob für einen Dachraum (siehe Beilage) eine Bauabgabe sowie der Kanalisations- und Wasserleitungsbeitrag vorzuschreiben ist.

Könnten Sie uns da weiter helfen?

Mit kollegialen Grüßen! 

Sehr geehrte Frau Kollegin!

Ihre Frage ist durchaus nicht „trivial“, sondern ist für die Abgabenbehörde sowohl bei der Bauabgabe, als auch beim Kanalisations- und Wasserleitungsbeitrag durchaus herausfordernd!

Der VwGH hat sich mit der Frage der Einbeziehung von Dachraum bzw Dachgeschoßen in die beiden letztgenannten Abgaben mehrfach auseinandergesetzt, doch ist diese Rechtsprechung mittlerweile überholt, weil sowohl im Kanalabgabengesetz (siehe dessen § 4 Abs 6) als auch im Wasserleitungsbeitragsgesetz (siehe dessen § 4 Abs 8) klargestellt wird, dass für die Auslegung der spezifischen baurechtlichen Bestimmungen das Steiermärkische Baugesetz heranzuziehen ist.

Und das sind wir schon bei Ihrem Problem:

  1. Kanalisationsbeitrag: 4 Abs 1 Kanalabgabengesetz bestimmt: „Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem Produkt von Einheitssatz und der Bruttogeschoßflächen (in Quadratmetern) eines Gebäudes. Dabei sind Keller- und Dachgeschoße zur Hälfte, die übrigen Geschoße zur Gänze zu berechnen.“(Unterstreichung nicht im Original).
  1. Wasserleitungsbeitrag: § 4 Abs 1 Wasserleitungsbeitragsgesetz bestimmt: „Die Höhe des Wasserleitungsbeitrages bestimmt sich bei Gebäuden aus dem Produkt von Einheitssatz und der Bruttogeschoßflächen (in Quadratmetern). Dabei sind Keller- und Dachgeschoße zur Hälfte, die übrigen Geschoße zur Gänze zu berechnen.“ (Unterstreichung nicht im Original).

Nach den mir übermittelten Plänen gibt es (nur) einen „Dachraum unausgebaut“. Nachdem der Baugesetzgeber in § 4 Z 22 und 23 zwischen Dachboden („unausgebauter Dachraum“) und Dachgeschoß („für Aufenthalts-, Lagerräume u.dgl. ganz oder teilweise ausgebauter Dachraum“) unterscheidet, kann für einen Dachboden oder (wie das in Ihren Plänen genannt wird) für einen „Dachraum unausgebaut“ weder ein Kanalisationsbeitrag noch ein Wasserleitungsbeitrag anfallen! Warum nicht? Weil der Kanalabgaben- und der Wasserleitungsbeitrags-Gesetzgeber, wie voran gezeigt, ausdrücklich von Dachgeschoß spricht, also der eine wie der andere Beitrag nur dann zu entrichten ist, wenn ein Dachgeschoß und nicht nur ein Dachboden vorhanden ist, wie im Gegenstandsfall!

Gleiches gilt im Übrigen auch für die Bauabgabe: Nachdem der Gesetzgeber in § 15 Abs 2 und 3 Stmk. BauG ausdrücklich von Bruttogeschoßfläche spricht, kann für einen bloßen Dachraum, der mangels Geschoßeigenschaft über keine Bruttogeschoßfläche verfügt, keine Bauabgabe anfallen!

Alles klar?

Mit herzlichen, kollegialen Grüßen

Dietmar H. Mayer

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