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Kanalisationsbeitrag und Wasserleitungsbeitrag; Bauabgabe

Sehr geehrter Herr Dr. Mayer!

Ich hätte nun noch eine Frage zur Festsetzung des Kanalisations- und Wasserleitungsbeitrages: Ich habe einmal geschrieben, dass im Erdgeschoß eine größere Fläche abgebrochen wird als nun neu entsteht. Darauf haben Sie geraten, für das Erdgeschoß – unabhängig von der Lage des alten Gebäudes – nichts zu verrechnen.

Das Gebäude besteht aus mehreren Geschoßen. Ist die Abbruchfläche des Erdgeschoßes auf das gesamte Gebäude anzurechnen oder nur im Erdgeschoß? Ich habe immer alle Geschoße getrennt betrachtet. Meine junge Kollegin hat das – zu Recht? – in Frage gestellt und gemeint, dass die größere Abbruchfläche im Erdgeschoß bei der Bemessungsgrundlage zur Festsetzung des Kanalisationsbeitrages eventuell anzurechnen sein wird.

Mit  kollegialen Grüßen und vielem Dank im Voraus!

Sehr geehrte Frau Kollegin!

Das Kanalabgabengesetz enthält in dessen § 3 Abs 3 letzter Satz folgende Befreiungsbestimmung: „Bei Wiedererrichtung einer zerstörten, abgetragenen oder beschädigten Baulichkeit ist der Kanalisationsbeitrag nur insoweit zu leisten, als das wiedererrichtete Bauwerk die Ausmaße des früheren überschreitet.“

Im Wasserleitungsbeitragsgesetz findet sich in dessen § 2 Abs 4 letzter Satz die nachstehende, nahezu wortidente Befreiungsbestimmung: „Bei Wiedererrichtung eines zerstörten, abgetragenen oder beschädigten Gebäudes (Anlage) ist der Wasserleitungsbeitrag nur insoweit zu leisten, als das wiedererrichtete Bauwerk (Anlage) die Ausmaße des früheren überschreitet.“

Und im Baugesetz – auch davon soll hier angesichts der Frage der Vorschreibung einer Bauabgabe die Rede sein – wird in dessen § 15 Abs 8 Z 1 die folgende Befreiungsbestimmung getroffen: „Die Vorschreibung der Bauabgabe entfällt bei der Wiedererrichtung von Gebäuden für dasselbe Ausmaß.“

Da bedeutet in Ihrem Fall für die Entrichtung des Kanalisations- bzw des Wasserleitungsbeitrags, dass die Flächen des abgebrochenen Altbestandes gegen die Flächen des Neubaus „aufzurechnen“ ist, wobei jeweils Keller- und Dachgeschoße zur Hälfte, die übrigen Geschoße zur Gänze zu berechnen sind (siehe § 4 Abs 1 Kanalabgabengesetz bzw § 4 Abs 1 Wasserleitungsbeitragsgesetz), was die „Aufrechnung“ dennoch nicht zu einer allzu komplizierten Rechenaufgabe macht.

An einem Beispiel sei dies illustriert: Das abgebrochene Altgebäude verfügte über ein Erd- und ein Dachgeschoß von jeweils 70 m2, das neuerrichtet Gebäude verfügt über drei Geschoße von jeweils 80 m2 (Erdgeschoß, Obergeschoß, Dachgeschoß): Daher sind von insgesamt 200 m2 (neues Gebäude) 105 m2 (Altgebäude) in Abzug zu bringen, was eine dem Kanalisationsbeitrag und dem Wasserleitungsbeitrag jeweils zu Grunde zu legende Fläche von 95 m2 ergibt.

Hinsichtlich der Bauabgabe ist ebenso die Fläche des abgebrochenen Altbestandes gegen die des Neubaus „aufzurechnen“, wobei gemäß § 15 Abs 3 Stmk. BauG Erdgeschosse zur Gänze, die übrigen Geschosse zu Hälfte zu berechnen sind. 

Wiederum am voranstehenden Beispiel illustriert: Von insgesamt 160 m2 (neues Gebäude) sind 105 m2 in Abzug zu bringen, was eine der Bauabgabe zu Grunde zu legende Fläche von 55 m2 ergibt. Der Vollständigkeit halber sei hier ausdrücklich festgehalten, dass eine solche Aufrechnung nur dann stattzufinden hat, wenn für das Altgebäude bereits ein Aufschließungsbeitrag oder eine Bauabgabe entrichtet worden ist (so der VwGH in seiner mittlerweile ständigen Rechtsprechung). Ist das nicht der Fall, dann ist für das neue Gebäude die Bauabgabe zur Gänze zu entrichten.

Vorbehaltlich allfälliger Rechenfehler hoffe ich, dass nun alles klar ist!

Mit herzlichen, kollegialen Grüßen

Dietmar H. Mayer 

 

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