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Bauabgabe bei "offener Garage"?

Sehr geehrter Herr Dr. Mayer!

Es hat sich bei uns im Bauamt folgende Frage bzw. Situation bzgl. der Vorschreibung einer Bauabgabe ergeben. Eine Baubewilligung wurde für die „Errichtung einer Garage durch Erweiterung des bestehenden Flugdaches“ erteilt. Durch diese „Erweiterung“ ergab sich anhand der Darstellung der geplanten Maßnahmen, das aus dem bestehenden Flugdach ein Gebäude (in Summe überwiegend umschlossen) entsteht. Die Vorderseite (Einfahrt in die Garage) soll jedoch weder durch ein Tor, noch durch sonstige Maßnahmen geschlossen werden. Somit ergibt sich hier ein Gebäude (Garage) welches in älteren Versionen des Baugesetztes als „offene Garage“ bezeichnet wurde.

Nun stellt sich für uns folgende Frage: Entsteht hier gem. der Begriffsbestimmung des § 4 Z 1 Stmk. BauG eine Bruttogeschoßfläche? (Bruttogeschoßfläche: die Fläche je Geschoß, die von den Außenwänden umschlossen wird, einschließlich der Außenwände). Unseres Erachtens entsteht hier keine Bruttogeschoßfläche, da zwar die baulichen Anlage überwiegend umschlossen ist – somit Gebäudeeigenschaft entsteht –,jedoch nicht von Außenwänden (zur Gänze) umschlossen ist. Somit sind wir hieramts der Auffassung, das, wenn keine Bruttogeschoßfläche entsteht, auch keine Bauabgabe vorzuschreiben ist.

Bzgl. Verwaltungsabgaben wurde, da ein eigenständiges Gebäude (Garage) entsteht, die TP 11 nicht vorgeschrieben, sondern nur die TP 15a.

Ich ersuche um ihre geschätzte Auskunft zum zuvor genannten Sachverhalt. Vielen Dank!

Sehr geehrter Herr Kollege!

Da muss ich Ihnen bzw Ihrer Kollegenschaft leider widersprechen:

Gemäß § 4 Z 29 Stmk. BauG sind Gebäude überdeckt, allseits oder überwiegend umschlossene Bauwerke. Will heißen: jedes Bauwerk, dass überdeckt und mehr als 50 % umschlossen ist, stellt ein Gebäude dar (auch wenn es, wie in Ihrem Fall, „vorne“ offen ist). Gemäß § 4 Z 34 leg cit gelten als ein Geschoß ein Gebäudeabschnitt zwischen den Oberkanten der Fußböden übereinanderliegender Räume oder lichter Abschnitt zwischen der Oberkante des Fußbodens und der Unterfläche des Daches, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird. Gebäudeabschnitte, die zueinander bis einschließlich der halben Geschoßhöhe versetzt sind (Hervorhebung nicht im Original!). Will heißen: Wenn etwas ein Gebäude darstellt, dann hat es – soferne die Voraussetzungen in Z 34 erfüllt sind – auch ein Geschoß (unabhängig davon, ob ein „unterwiegender“ Teil des Gebäudes nicht geschlossen ist). Und alles, was ein Geschoß darstellt, verfügt auch über eine Bruttogeschoßfläche iS des § 4 Z 21, wiewohl dort von der Fläche je Geschoß, die von den Außenwänden umschlossen wird, die Rede ist. Dass auch dann, wenn ein Gebäude nicht allseits umschlossen ist, eine Bauabgabe anfällt, hat der VwGH in seinem „Zelterkenntnis“ vom 12.8.2002, 97/17/0332, festgehalten. Nur der Vollständigkeit halber: Dass auch für eine offene Garage (die entsprechende Legaldefinition gibt es im § 4 nicht mehr) eine Bauabgabe zu leisten ist, hat das Höchstgericht im Erk 203.2007, 2002/17/0354, klargestellt.

So, aber Sie und Ihre Kollegenschaft können allenfalls dennoch Recht haben: Nämlich dann, wenn das fragliche, mehr als 50 % umschlossene Gargengebäude der Nebengebäudedefinition in § 4 Z 47 Stmk. BauG entspricht (dass Garagen auch Nebengebäude sein können, hat sich bei der Aufsichtsbehörde etwas mühsam aber dann doch herumgesprochen). Wenn das so ist, dann fällt Ihr Garagengebäude unter die Ausnahmeregelung des § 15 Abs 8 Z 2 Stmk. BauG.

Alles klar?

Mit herzlichen, kollegialen Grüßen (auch an die Kollegenschaft)

Dietmar H. Mayer


PS: Mit der GemVwAbg gemäß TP B 11 der GemVwAbgVO 2012 haben Sie natürlich Recht!

  

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